Zeichnen ist Übungssache. Wer zeichnen lernen möchte, muss sich vor allem darauf einstellen, viel zu üben. Aber Üben klingt so nach Zwang - das sollte es nicht sein. Zeichnen macht viel Spaß. Wichtig ist nur, nicht mit den falschen Erwartungen zu starten. Wer von Anfang an anstrebt, mit Zeichnungen Geld zu verdienen, wird scheitern. Ebenso diejenigen, die schnell auf Erfolg und Anerkennung aus sind.
Die einfachste und effektivste Technik zum Lernen ist die Bleistiftzeichnung. Das hat mehrere Gründe: Das Material ist sehr kostengünstig. Einen guten Bleistift und einigermaßen gutes Zeichenpapier bekommt man fast überall für ein paar Euro.
Material zum Einstieg
- 3 Bleistifte: HB, 2B, 6B (das sind die unterschiedlichen Härtegrade für Bleistifte)
- einen Anspitzer
- ein Standard-Lineal
- ein Radiergummi (eher weich) oder Elektroradierer
- ein Papierblock (ca. 190 gr / m2), Format: DinA 4 reicht für den Einstieg, DinA3 ist aber auch gut.
Damit kann man bequem starten und schon sehr viel erreichen. Hier eine Abbildung mit der wesentlichen Grundausstattung:
- Siehe auch: Zeichnen lernen (1): Wie anfangen? (Grundlagen)
Schritt 1: Krickelkrackel
Das klingt eventuell unsinnig: aber es ist tatsächlich der beste Einstieg ins Zeichnen, wenn man zunächst nur Krickelkrackel zeichnet. Der Grund ist einfach: man entwickelt so ein Gespür für das Material. Das ist enorm wichtig: die Ausstrahlung einer Bleistiftzeichnung hängt wesentlich von der Benutzung des Stiftes ab: wie stark man aufdrückt, welchen Winkel der Stift hat, wie man dunkle Flächen zeichnet etc. Wie rauh ist das Papier? Wie stark ist der Abrieb des Bleistiftmine? Das Material kann man am besten erforschen, wenn man sich nicht auf ein Motiv oder sogar ein Bild konzentriert. Das kommt alles später. Der erste Schritt beim Zeichnen ist immer das Erforschen des Materials (das ist übrigens bei allen künstlerischen Techniken so).
Schritt 2: Gerade Linien
Runde Linien kann jeder. Der Bleistift liegt in der Hand, die um das Handgelenk rotiert. Automatisch entstehen so mehr oder weniger runde bzw. gebogene Linien. Schwieriger sind die geraden Linien, denn dabei muss man die natürlichen Bewegung unterdrücken. Leichter ist es, eine gerade Linie zu ziehen, also den Bleistift an einer Stelle ansetzen, und dann die gesamte Hand über das Papier zu ziehen. Das ist nicht einfach, und man sollte in den ersten Monaten beim Einzeichnen immer 20 - 20 gerade Linien auf das "Krickelkrackel-Blatt machen.
Das folgende Video zeigt, wie die "Zeichnung von Albert Einstein" entstanden ist.
Schritt 3: Schraffieren (Schatten)
Das Schraffieren ist für die meisten Zeichnungen die beste Möglichkeit, um dunkle Partien (Schattenflächen) zu erzeugen. Man kann zwar auch wie mit einem Pinsel "ausmalen", aber besser, weil schneller und eleganter ist die Schraffur. Im Prinzip besteht eine Schraffur aus nebeneinander gesetzten einzelnen Linien. Diese können gerade sein, müssen es aber nicht.
Allzu leicht ist man geneigt, das Schraffieren als einen sehr schnellen Prozess anzusehen. Leider sind dann die Ergbnisse anfangs eher unbefriedigend. Nehmen Sie sich für die Schraffur Zeit. Diese Mühe und Sorgfalt wird sich im Ergebnis positiv zeigen, und im Laufe der Jahre gewinnt man so eine Kontrolle über die Schraffur, dass man sie auch sehr schnell und aus dem Handgelenk anlegen kann. Egal was sie zeichnen: wenn es nur irgendwie realistischen (gegenständlich) sein soll, dann vergessen Sie nie (!) den Schatten. Kein Dinge schwebt gottverlassen durch das Nichts. Alles ist in irgendetwas eingebettet. Und wenn sich ein Ding als Zeichnung manifestiert, dann hat es auch immer einen Schatten.
Schritt 4: das Motiv
Nach den ersten Schritte, die dem Aufwärmen dienen, kommen wir nun zur eigentlichen Zeichnung. Dafür benötigt man ein Motiv. Anfangs gilt: je kleiner und einfacher, desto besser. Dabei sollte man bedenken: eine gute Zeichnung zeichnet sich nicht durch die Komplexität des Motivs aus. Oft ist das Gegenteil der Fall. Suchen Sie sich daher zunächst einfache Dinge, die sie vor sich ablegen. Einige Anregungen:
- ein Schlüsselbund
- ein Halstuch
- eine Tasse (oder Becher oder Glas)
- einen Anspitzer
- ein Zauberwürfel
- eine Apfel (oder Birne oder sonstige Frucht oder Gemüse)
- eine Rolle Tesafilm
- eine Gabel
- ...
Schritt 5: Beobachten und Schatten zeichnen
Es klingt paradox: um zeichnen zu können, muss man vor allem gut beobachten können. Zumindest wenn man realistisch zeichnen will. Wer jahrelange Erfahrung hat, braucht den visuelle Reiz eventuell nicht mehr, um ein halbwegs realistisches Bild auf das Papier zu bannen. Aber für Anfänger gilt: nur das zeichnen, was man auch sieht.
Der künstlerische Blick ist bei realistischen Bildern immer distanziert. Soll heißen: analytisch. Man muss sich vorstellen, dass das eigene Auge wie die Linse einer Kamera wirkt, durch die Sehstrahlen ins Auge gelangen. Genau dieses Bild, dass sich auf der Netzhaut abbildet, muss man als Zeichnung einfangen. Da, wo es hall ist, lässt man weiß stehen (zeichnet also nicht). Dort, wo es dunkel ist, muss man durch Linien konturieren und Flächen herausarbeiten.
Zeichnen heißt im Grunde: Schatten zeichnen!
Schritt 6: Konturen oder nicht?
Zeichnungen bestehen aus Linien. Aber gibt es irgendwo in unserer Welt tatsächlich Linien? Nein, aber es gibt Kanten. Kanten entstehen dort, wo zwei Flächen zusammentreffen. Diese Kante kann man als "Hilfslinie" zeichnen.Zwischen den beiden Flächen ist immer irgendein Kontrast vorhanden. Im Idealfall ist es bei einer Zeichnung ein Hell-Dunkel-Kontrast. Farbkontraste sind in Bleistiftzeichnungen äußerst schwierig umzusetzen.
Weiterlesen?
- Zeichnen lernen (2): Freihand-Zeichen “vom Auge zur Hand”
- Zeichnen lernen (3): mit Raster eine Vorlage abzeichnen
- Zeichnen lernen (4): Schraffieren (Schraffuren zeichnen)
- Wie kann man Zeichnen mit dem Auge lernen?
- Zeichnungen - Die Kunst, Zeichnen zu lernen
Die Grundlagen für das perspektivische Zeichnen wurden zu Beginn der Renaissance entwickelt. Man versteht darunter vor allem ein Konstruktionsverfahren, das die Grundlage für realistisches Malen und Zeichnen ist. Wer Bilder malen will, die dem visuellen Eindruck ähneln, dann sollte man perspektivisch zeichnen können. Der Artikel Perspektivisch zeichnen: einfache Anleitung bietet einen sehr einfachen Einstieg in das Thema. Warum die Perspektive so bedeutsam ist für fast 500 Jahre Kunstgeschichte, kann man in diesem Artikel nachlesen: Fluchtpunktperspektive: Erschaffung eines Bildraumes. Anhand eines Holzschnitts zeige ich exemplarisch, welches Hilfsmittel Albrecht Dürer verwendet hat, um seine realistischen Bilder zu malen, siehe: Perspektive á la Albrecht Dürer: wie man eine Laute zeichnet. Wer nun noch nicht genug hat, dem sei der sehr lange und tiefgründige Artikel über die Kunsthistorische Entwicklung der Perspektive empfohlen. Viel Spaß.