- Zeichnen lernen Schritt für Schritt
- (1) Wie anfangen? Grundlagen
- (2) Freihand - vom Auge zur Hand
- (3): mit Raster von Vorlage abzeichnen
- (4): Schraffieren (Schraffuren zeichnen)
- (5): Schattieren (Licht und Schatten)
- (6): Stillleben zeichnen
- (7): Räume zeichnen (Perspektive)
- (8): Tiere zeichnen
- Zeichnen: Material und Zubehör
Dritter Teil des kostenlosen Online-Tutorials “Zeichnen lernen”: mit Hilfe eines Rasters eine Vorlage abzeichen. Und auch diesmal geht es nicht nur um handwerkliche Fähigkeiten, sondern vor allem auch um das, was man dabei begreifen kann. Abzeichnen ist von vielen Hobbykünstlern verrufen. “Abzeichnen ist keine Kunst” oder so ähnlich. Und natürlich stimmt das: Abzeichnen ist eine ZeichenÜbung, bei der das Lernen im Vordergrund steht. Die Qualität des Bildes hängt beim Abzeichnen entscheidend von der Qualität der Vorlage ab. Sie sollten also nach wie vor bescheiden sein und nicht zu viel von sich selbst erwarten. Die Qualität Ihrer Zeichnungen wird mit zunehmender Erfahrung steigen. Und wenn Sie den Zeichen-Tutorials hier im Künstlerbedarf-Blog folgen, wird diese Lernphase nicht allzu steinig.
Vorlage zum Abzeichnen vorbereiten
Für den heutigen Tag brauchen Sie eine Vorlage. Das kann ein Foto sein, oder ein Bild aus einer Zeitschrift. Was auch immer. Aber Achtung: es sollte ggf. eine Kopie sein, denn die Vorlage wird am Ende nicht mehr so aussehen wie vorher. Ihre Vorlage sollte nicht kleiner als ein Passfoto sein. Außerdem brauchen Sie ein Lineal (mind. 30 cm), eine Nadel und einen Cutter (sehr scharfes Messer) oder eine Schere.
Die Methode, die im Folgenden beschrieben wird, ist das Abzeichnen mit Hilfe eines Rasters. Grob vereinfacht: sie zeichnen ein Raster auf die Vorlage und ein Raster auf ihr leere Blatt Papier. Und dann übertragen Sie jedes Raster-Kästchen einzeln auf das Papier.
Rastergröße berechnen
Das Raster auf der Vorlage sollten Sie am besten mit Hilfe der Nadel einritzen. Grund: die Nadellinie ist sehr fein, es geht kaum etwas vom Vorlagenmotiv “verloren”. Sie können das Raster auch mit einem Bleistift aufzeichnen, aber dann überdeckt die Bleistiftlinie häufig wichtige Details. Gehen Sie so vor:
Nehmen Sie die Längere Seite Ihrer Vorlage und teilen Sie sie durch sechs, das gerundete Ergebnis ist die Rastergröße der Vorlage. Beispiel: Das Vorlagenbild ist 12 x 8 cm groß. Dann nehmen sie 12 / 6 = 2. Die Rastergröße beträgt also 2 cm. Weiteres Beispiel: die Vorlagengröße 8 x 7 cm. Dann teilen Sie 8 / 6 = 1,3. Die Rastergröße ist 1,3 cm.
Das Raster sollte quadratisch sein. Das erleichtert das Verfahren. Sie brauchen dann nur einen Wert ausrechnen.
Raster auf Vorlagen zeichnen bzw. ritzen
Zeichnen Sie nun das Raster über das Bild. Erst an der oberen Kante mit Lineal die Hilfspunkte setzen, dann an der unteren Kante. Die rechte Spalte ist möglicherweise etwas größer oder kleiner. Aber das ist egal: das Raster ist ja nur ein Hilfsgerüst. Anschließend ziehen Sie die senkrechten Hilfslinien mit Hilfe des Lineals. Ebenso die waagerechten Linien.
Ihre fertige Vorlage sieht dann ungefähr so aus:
Raster auf das leere Blatt zeichnen
Als nächstes brauchen wir ein Raster auf dem leeren Blatt, auf das Sie die Vorlage kopieren wollen. Nehmen Sie auf jeden Fall ein Blatt Papier, das mindestens DinA3 (42 x 30 cm) groß ist. Zeichnen Sie nun ein Raster auf diese Blatt. Sie sollten zu den Rändern ein paar Zentimeter Abstand lassen. Das sieht besser aus. Meist passt die Vorlage sowieso nicht genau. Dabei muss man natürlich wieder etwas rechnen, nehmen Sie bei Bedarf einen Taschenrechner zu Hilfe.
Das weiße Blatt mit dem Raster sieht dann ungefähr so aus:
Abdeck-Fenster
Nun brauchen Sie noch ein “Abdeck-Fenster”. Schneiden sie ein Blatt Papier zurecht, dass die doppelte Größe ihrer Vorlage hat (z.B. Vorlage 7 x 8 cm, Abdeck-Fenster14 x 16 cm). In der Mitte zeichnen Sie mit Hilfe des Lineals ein Quadrat, dass genau die Rastergröße hat. Schneiden Sie diese Quadrat mit Cutter oder schere aus: das ist das “Abdeck-Fenster”. Legen Sie es auf ihre Vorlage, so dass jeweils genau eines der Rasterkästchen sichtbar ist. Es hilft ihnen beim “Umdenken”, wenn es darum geht, nur noch Linien, Flächen und Hell-Dunkel-Werte zu sehen.
Warmzeichnen
Beginnen wir mit den Übungen. Wie Ihre Arbeitsumgebung am Besten aussieht, wurde in Teil 1 besprochen. Zeichnen lernen I: Wie anfangen? (Grundlagen). Am Anfang steht wie immer das Frei- bzw.Warmzeichnen. Bekritzeln Sie ca. 10 bis 15 Minuten ein Blatt Papier und achten Sie darauf, wie Bleistift und Papier zusammenarbeiten. Mehr zum “Warmzeichnen” in Teil 2: Zeichnen lernen II: Freihand “vom Auge zur Hand”. Siehe dazu auch: Welcher Bleistift ist zum Zeichnen am besten geeignet?
Übung: Abzeichnen mit Hilfe eines Rasters (Schritt für Schritt)
Zeichnen Sie nun jedes Rasterkästchen einzeln ab. Legen Sie das Abdeck-Fenster auf eines in der Vorlage und kopieren Sie genau diesen Auschnitt. Schauen Sie wo markante Linien verlaufen und übertragen Sie diese zuerst. Der Vorteil der Raster-Methode: es ist viel leichter, “den Kopf abzuschalten”. Wenn man sich auf ein Detail der Vorlage konzentrieren kann, ist es viel einfach, das “Gewusste” und “Vermeintliche” auszuklammern. Abzeichnen ist als eine Spielart des “realistische Zeichnens” eine Sache der Augen.
Wenn Sie ein Kästchen fertig haben, verschieben Sie das Abdeckfenster. Am besten, sie nehmen nicht ein daneben liegendes Käschten, sondern eines, das etwas weiter entfernt liegt.
So zeichnet man Feld für Feld ab ...
Die Zeichnung füllt sich langsam ...
Anschließend werden die "Zwischenfelder" abgezeichnet ...
Die so entstandene Zeichnung sollten Sie nun noch etwas nachbearbeiten. Radieren Sie vorsichtig die Rasterlinien weg, vor allem dort, wo große helle Flächen sind. Vervollständigen Sie im Bild Details, wo die Linien unterbrochen sind oder nicht zusammenpassen. Hier die finale Zeichnung:
Sie werden vermutlich schon während des Entstehungsprozesses stauen, wie leicht es Ihnen fällt. Und am Ende werden Sie ein Ergebnis haben, dass viel besser ist, als wenn Sie versucht hätten, die Vorlage ohne das Hilfsraster abzuzeichnen.
Was bringt das?
Abschließend eine Bemerkung zu dem, was Sie in der heutigen Übung gelernt haben. Vertrauen Sie ihren Augen. Das was Sie gezeichnet haben, ist das, was Sie gesehen haben. Ihren Kopf konnten Sie “abschalten”, weil er mit dem, was in einem Raster-Detail zu sehen war, nicht genügend anfangen konnte. Dieses Vertrauen in Ihre Augen, und das Umschalten von Wahrnehmung in ein zweidimensionales Raster, wird später noch sehr wichtig werden. denn mit der Zeit werden Sie lernen, dieses Raster und das Abdeck-Fenster beim Zeichnen zu sehen. Aber das kommt in einer späteren Übung dieses Tutorials.
Abschließend ein paar Grundsätzliche Gedanken zum Thema: “Was ist eine Zeichnung?” Nächstes Kapitel: Schraffieren (Schraffuren zeichnen)
Viel Erfolg!