
Als erste "gesamteuropäische Epoche" gilt die Romanik, die ungefähr ab 950 begann. Andere, vorherige oder außereuropäische Kunststile und Kulturen werden hier nicht betrachtet - das soll aber natürlich keine qualitative Abwertung sein. Es ist nur eben ein anderes Thema.
Wenn man versucht, die Stilepochen seit 950 bis zum 19. Jahrhundert mit Adjektiven, also typischen Merkmalen bzw. Eigenschaften zu umschreiben, dann fällt auf, dass es viele gegensätzliche Adjektive gibt. Ich habe die Kunstgeschichte daher in zwei Spalten angeordnet. Die jeweils folgende Epoche folgt quasi immer in der anderen Spalte - es ist also ein ständiges Hin- und Herwechseln zwischen verschiedenen Ideen und Wertvorstellungen. Die folgende Übersicht zeigt diese Entwicklung der einzelnen Epochen als übersichtliche Grafik. Sie veranschaulicht, dass man eine grobe Unterteilung in zwei Lager vornehmen kann:
- klar, kalkuliert, sachlich, nüchtern, die Antike als Vorbild suchend, auf der einen Seite (links),
- emotional, verspielt, atmosphärisch und licht-betont auf der anderen Seite (rechts).
Das folgende Video zeigt einen Ausschnitt aus meinem Online-Kunst-Unterricht zu diesem Thema:
Arbeitsblatt Kunstgeschichte Übersicht Stilepochen (Schule)

Übersicht Stilepochen
Wer an meinem Online-Kunstunterricht teilnimmt, hat hier die Möglichkeit, das Arbeitsblatt herunterzuladen:
- Übersicht über die Kunstepochen (PDF-Arbeitsblatt für Kunst-Unterricht)
Die Nutzung ist kostenfrei für Schüler und Kunstlehrer im schulischen Kontext. Auch Interessierte dürfen die Arbeitsblätter ohne Nachfrage für private Zwecke nutzen. Eine kommerzielle Nutzung ist ausgeschlossen bzw. bedarf der schriftlichen Zustimmung.
Hinweis zu den folgenden Bildern: alle folgenden Bilder auf dieser Seite (!) wurden mit Hilfe einer KI erzeugt. Sie zeigen exemplarisch die wichtigen Merkmale der jeweiligen Stilepoche. Es handelt sich also nicht (!) um Fotos von tatsächlöich exisitierenden Bauwerken. Warum habe ich das getan? Ich konnte mit Hilfe der KI (Midjourney) genau die Details zeigen, die mir wichtig scheinen. Das ist bei echten Fotos häufig nicht der Fall. ZUdem konnte ich die Bilder weiter bearbeiten und verfeinern.
Kurzbeschreibung der Stilepochen

(Exemplarische Darstellung)
Die Romanik ist vor allem ein Architektur-Stil. Ihre wesentlichen Merkmale lassen sich an Gebäuden, vorwiegend Kirhcenbauten, ablesen. Der Begriff "Romanik" lässt erkennen, dass sich dieser Stil vor allem auf die römische Antike bezieht. Wesentliche Stilelemente wie Rundbogen, Säulen, dreischiffige Basilika, und Gewölbebau gehen auf das antike Rom zurück.
Während die Romanik solide, erdbezogen, sachlich und nüchtern ist, ändert sich das Wertesystem MItte des 13. Jahrhunderts grundlegend. Ausgehend von einigen französischen Klöstern entwickelt sich ein Stil, der die Menschen emotional vereinnahmen soll: aufstrebend, dynamisch und voller Licht (dank großer Glasfenster): die Gotik.
Gotik

(Exemplarische Darstellung)
Die Baumeister der Gotik wollten gewaltige Kirchen bauen - allerdings ohne Wände. Anstelle der dunklen, kalten, abweisenden Wände sollte der Kirchenraum lichtdurchflutet sein. Dort, wo bis dahin Wände für Stabilität sorgten, traten nun die farbigen Glasfenster, die den Kirchenraum mit farbigem Licht illuminierten. Wesentliche Stilelemente ist neben den Spitzbogenfenstern die aufstrebende Skelettbauweise. Wer einmal eine gotische Kathedrale von innen erlebt hat, kann sich vorstellen, welche überwältigende emotionale Erfahrungen diese Kirchen bei den Menschen der damaligen Zeit ausgelöst haben müssen. Zwischen 1200 und 1250 wurden sehr viele gewaltige Kathedralen begonnen, an denen oft Jahrhunderte gearbeitet wurde.
Renaissance

(Exemplarische Darstellung)
Während die Gotik von Frankreich ausging, entwickelte sich um 1350 in Norditalien ein neues Wertesystem: die Renaissance. Die ersten Jahrzehnte werden als Frührenaissance bezeichnet: hier wurden die theoretischen und praktischen Grundlagen für die weitere Entwicklung gelegt. Neu war zum Beispiel, dass der Künstler als Mensch immer wichtiger wurde: so sind uns die meisten Künstler erst ab der Frührenaissance namentlich bekannt. Den Übergang bilden ein Künstler, der bahnbrechend war: Giotto die Bondone.
Giotto und die darauf folgenden Künstler veränderten die bis dahin üblichen bilbnderischen Konventionen. Zum einen führten sie die Individualität ins Bild ein - Menschen wurden zu emotionalen Wesen, was sich an Gesten und Mimiken zeigte. Zum zweiten entwickelten sie Methoden, um auf der zweidimensionelen Bildfläche eine dreidimensionale Raumillusion zu erzeugen.
Der "Bildraum als Illusionsraum" wurde zu einem wesentlichen Qualitätskriterium der folgenden Jahrhunderte, mit unterschiedlichen Ausprägungen in verschiedenen Epochen und Regionen. Erst die Erfindung der Fotografie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellte dieses Dogma in Frage. Und ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich zahlreiche Strömungen, die die Bildfläche anders auffassten. Zu den herausragenden Vetretern gehören Donatello, Lorenzo Ghiberti, Leon Battista Alberti, Massaccio und Paolo Ucello.

(Exemplarische Darstellung)
Ausgehend von Norditalien verbreiteten sich die neuen "Ideen und Werte" während der Hochrenaissance über ganz Europa. Kunst (Bildende Kunst, Skulptur und Architektur) wurde durch seinen repräsentativen und beeindruckenden Charakter zu einem wesentlichen Machtsymbol. Viele geistliche und weltliche Herrscher haben seither zahlreiche Künstler gefördert, die heute weltberühmt sind, z.B. Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli, Michelangelo, Raphael, Albrecht Dürer, Hans Holbein und viele mehr.
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Manierismus (Spätrenaissance)

(Exemplarische Darstellung)
Der Manierismus war eine Kunst- und Architekturepoche, die zwischen der Hochrenaissance und dem Barock angesiedelt ist und etwa von 1520 bis 1600 andauerte. Er entwickelte sich zunächst in Italien, verbreitete sich aber rasch in ganz Europa. Der Begriff leitet sich vom italienischen „maniera“ ab, was „Stil“ oder „Manier“ bedeutet, und beschreibt eine Kunstrichtung, die sich durch eine bewusste Abkehr von den ausgewogenen und harmonischen Prinzipien der Renaissance auszeichnete.
In der Malerei und Skulptur zeigt sich der Manierismus durch überlängte, oft verdrehte Figuren, komplexe Kompositionen und eine gesteigerte Künstlichkeit. Künstler wie Jacopo Pontormo, Parmigianino und El Greco bevorzugten ungewöhnliche Farbgebungen, dramatische Gesten und eine oft rätselhafte Symbolik, die den Betrachter herausforderte.
Auch die Architektur des Manierismus unterschied sich stark von den klaren, harmonischen Proportionen der Renaissance. Architekten wie Giorgio Vasari, Giulio Romano und Baldassare Peruzzi experimentierten mit verzerrten Perspektiven, unkonventionellen Säulenordnungen und bewusst „falschen“ architektonischen Elementen. Ein berühmtes Beispiel ist der Palazzo del Te in Mantua von Giulio Romano, in dem klassische Bauformen spielerisch verfremdet wurden, etwa durch scheinbar einstürzende Architektur oder absichtlich unregelmäßige Gesimse.
Der Manierismus reflektierte die Unsicherheit und den Wandel seiner Zeit, geprägt von politischen und religiösen Krisen wie der Reformation und den damit verbundenen Umbrüchen. Im Gegensatz zur Klarheit der Renaissance suchte der Manierismus nicht nach perfekten Regeln, sondern nach einer bewussten Übersteigerung und einer intellektuellen, oft rätselhaften Ausdrucksweise.
Diese Epoche leitete schließlich den Übergang zum Barock ein, der viele Elemente des Manierismus – vor allem die Dramatik und die Bewegung – übernahm, aber mit einer stärkeren emotionalen Wirkung weiterentwickelte.
Barock
Der Barock war eine Kunst- und Architekturepoche, die etwa von 1600 bis 1750 andauerte. Er entwickelte sich aus dem Manierismus und wurde zur dominierenden Stilrichtung in Europa. Besonders stark war der Einfluss der Gegenreformation, die die Kirche als mächtige Institution wieder festigen wollte. Die Architektur und Kunst des Barock wurden daher oft als Mittel zur Inszenierung von Macht und Glauben genutzt – sei es in der Kirche oder am Hofe absolutistischer Herrscher.
Barocke Architektur zeichnete sich durch monumentale, bewegte Formen, dramatische Lichtführung und reiche Dekorationen aus. Kirchen wie die Karlskirche in Wien oder der Petersdom in Rom beeindrucken mit mächtigen Kuppeln, illusionistischen Deckengemälden und einem raffinierten Wechsel von Licht und Schatten, der die Räume lebendig wirken lässt. Zentral war die Inszenierung von Raum, häufig mit ovalen oder dynamischen Grundrissen, geschwungenen Fassaden und überladenem Schmuck.
In der Schlossarchitektur fand der Barock seine weltliche Entsprechung. Absolutistische Herrscher wie Ludwig XIV. in Frankreich nutzten den Baustil zur Demonstration ihrer Macht – das berühmteste Beispiel ist das Schloss Versailles, das mit seinen endlosen Achsen, symmetrischen Gärten und prachtvollen Sälen den Glanz des Königs symbolisiert. Auch in Deutschland entstanden beeindruckende Barockresidenzen, etwa das Schloss Nymphenburg in München oder das Zwinger-Ensemble in Dresden.
Die barocke Kunst und Malerei war geprägt von dynamischen Bewegungen, starken Kontrasten und theatralischen Inszenierungen. Maler wie Caravaggio, Peter Paul Rubens und Rembrandt nutzten Licht und Schatten, um dramatische Szenen voller Emotion und Spannung zu schaffen.
Später entwickelte sich aus dem Barock das noch verspieltere Rokoko, das vor allem in der Innenraumgestaltung mit zarten Farben, filigranem Stuck und einer fast märchenhaften Atmosphäre brillierte. Insgesamt war der Barock eine Epoche, die durch ihre Prachtentfaltung, ihre emotionale Wirkung und ihren Hang zur Inszenierung Kunst und Architektur nachhaltig prägte.
Rokoko
Während der Barock auf Monumentalität, Dramatik und starke Kontraste setzte, war das Rokoko leichter, verspielter und intimer. Es verzichtete auf die strenge Symmetrie und die erdrückende Wucht der barocken Prachtbauten und konzentrierte sich stattdessen auf harmonische, elegante Formen und eine fast märchenhafte Ästhetik. Der Name leitet sich vom französischen Wort rocaille (Muschelwerk) ab, das für die typischen geschwungenen, ornamentalen Dekorelemente dieser Epoche steht.
Die Malerei des Rokoko war geprägt von idyllischen, oft erotisch angehauchten Szenen, die eine heitere, unbeschwerte Welt zeigten. Künstler wie Jean-Antoine Watteau, François Boucher und Jean-Honoré Fragonard malten anmutige, träumerische Szenen mit edlen Damen und Herren in idyllischen Landschaften oder luxuriösen Innenräumen. Besonders bekannt ist Fragonards Werk Der Schaukel, das die typische Leichtigkeit, Verspieltheit und Sinnlichkeit des Rokoko perfekt einfängt.
Die Architektur des Rokoko war weniger massiv und wuchtig als die des Barock. Statt riesiger Paläste und Kirchen mit schweren Fassaden bevorzugte man zierliche, helle Bauwerke mit eleganten Verzierungen. Der Außenbau blieb oft schlicht, während das Innere mit einer Fülle von Stuck, geschwungenen Formen und zarten Pastellfarben ausgestattet wurde. Besonders verspielte Deckengestaltungen, filigrane Vergoldungen und lichtdurchflutete Räume machten den Charme dieser Epoche aus.
Klassizismus
Der Klassizismus war eine Kunst- und Architekturepoche, die sich etwa zwischen 1750 und 1830 in Europa entfaltete. Er entstand als bewusste Abkehr von den verspielten, ornamentreichen Formen des Rokoko und kehrte zu den klaren Linien, harmonischen Proportionen und schlichten Formen der Antike zurück. Inspiriert wurde diese Stilrichtung durch die archäologischen Entdeckungen in Pompeji und Herculaneum, die das Interesse an der Kunst und Architektur des alten Griechenlands und Roms neu entfachten. Gleichzeitig spiegelte der Klassizismus die Ideale der Aufklärung wider: Vernunft, Maß und Ordnung sollten auch in der Kunst ihren Ausdruck finden.
Die Architektur des Klassizismus zeichnete sich durch klare, geometrische Strukturen, symmetrische Grundrisse und oft monumentale Formen aus. Statt der dynamischen, verspielten Formen des Barock und Rokoko dominierte nun eine schlichte, aber kraftvolle Ästhetik mit Säulen, Dreiecksgiebeln und Kuppeln. Berühmte Bauwerke wie das Pantheon in Paris oder die Glyptothek in München folgen diesem Ideal und orientieren sich direkt an antiken Vorbildern. Besonders in Frankreich und Deutschland wurde der Klassizismus zur bevorzugten Architekturform für öffentliche Bauten, Plätze und Monumente.
Auch in der Malerei und Skulptur griff man auf antike Themen und Ideale zurück. Künstler wie Jacques-Louis David schufen Werke mit klaren Kompositionen und strenger, fast heroischer Darstellung. Sein berühmtes Gemälde Der Schwur der Horatier zeigt die typische klassizistische Ausdrucksweise: eine moralische Botschaft, eine statuarische Komposition und eine reduzierte Farbpalette. In der Skulptur setzte sich der Klassizismus ebenfalls durch – Bildhauer wie Antonio Canova schufen Werke, die an griechische und römische Vorbilder erinnerten und durch ihre idealisierten, harmonischen Formen beeindruckten.
Der Klassizismus war eng mit den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen seiner Zeit verbunden. In Frankreich wurde er zum bevorzugten Stil der Französischen Revolution und später von Napoleon, der seine Macht mit monumentalen, antik anmutenden Bauten untermauern wollte. In Deutschland wurde er vor allem in den Residenzstädten wie München oder Berlin populär, wo Architekten wie Karl Friedrich Schinkel ikonische Bauwerke wie das Alte Museum schufen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Klassizismus zunehmend von neuen Stilrichtungen wie der Romantik und dem Historismus verdrängt, doch seine Ästhetik und Ideale prägten die Architektur und Kunst nachhaltig. Seine klare Formensprache und seine Orientierung an den Prinzipien der Antike machten ihn zu einer Epoche, die den Geist der Aufklärung und den Rationalismus in beeindruckender Weise verkörperte.
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Wann beginnt und wann endet eine Stilepoche?
Der Beginn und das Ende einer Epoche kann man sich nicht als punktuellen Termin vorstellen. Es war ja nicht so, dass sich die Menschen an Silvester getroffen und gesagt hatten: Ab morgen beginnt die Renaissance! Die kunsthistorische Erfassung von unterschiedlichen Merkmalen und die darauf basierende systematische Einteilung in Stilepochen wurde ja immer erst jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte später vorgenommen. Der erste, der diese Art von Einteilung unternommen hat, war Giorgio Vasari (1511 bis 1574). Um seine eigene Malerei abzugrenzen, beschrieb Vasari seine Zeit als den "Manierismus". Auch die Bezeichnungen für die davor liegenden Epochen "Gotik" und "Renaissance" stammen von Vasari. Er ist darüber hinaus für die Kunstgeschichte von erheblicher Bedeutung, weil er eine Art Künstlerverzeichnis geführt hat, in dem er viele biografische Daten berühmter Künstler erfasste und damit für die Nachwelt überlieferte.
Diese Seiten bieten einen Einstieg in die Kunstgeschichte. Da ich seit August 2020 Kunstlehrer an einem Gymnasium bin, möchte ich vor allem interessierten Schülerinnen und Schülern eine Übersicht über wichtige Stilepochen und die herausragenden Künstler und Werke bieten. Da es sich nur um Grundkurse Kunst bzw. Klassen mit nur einer Stunde Kunst pro Woche handelt, habe ich vieles verkürzt und vereinfacht. Ziel ist es, mit wenig Aufwand einen möglichst guten Überblick zu gewinnen. So nach dem Motto: "Jede Woche 'ne Epoche!"